Sprecherrede Semesterantrittskneipe WS13/14

Hochverehrte Gäste, liebe Bundesbrüder,
wie schon eingangs erwähnt, hat das neue Semester am Montag begonnen. Und ich freue mich, dass doch so viele die erste Woche des Semesters gut überstanden haben.

Sprecherstuhl

Sprecherstuhl

Meiner Meinung nach eine der härtesten Wochen im Semester. Denn es heißt wieder früh aufstehen oder man verpasst etwas. Gerade für uns als Verbindungsstudenten besteht da natürlich ein starker Zielkonflikt zwischen abends lange dabei sein um im Bundesleben nichts zu verpassen und gleichzeitig früh aufstehen, um auch in der Uni nicht in Misskredit bei den Professoren zu geraten.

Da lobe ich mir doch die Massenstudiengänge, da merken die Professoren nicht, dass ich nie da bin. Ich bin der Ansicht, dass die erste Woche eines jeden Semesters lediglich dazu dient sich wieder zu akklimatisieren. In weiser Voraussicht finden da meist auch keine Übungen statt. Was ich persönlich für einen genialen Schachzug halte.

Was die erste Woche für mich jedoch auch noch besonders schwer macht, ist der Fakt, dass ich wieder meiner ungeliebten Aufgabe nachgehen muss, eine Rede zu schreiben.
Wer mich kennt, der weiß, dass ich gerne und viel rede. Selbstverständlich immer nur sinnvolle Sachen. Doch das Reden schreiben liegt mir nicht. Daher habe ich überlegt, keine Rede zu schreiben und einfach drauf los zu reden. Ich war mir jedoch ziemlich sicher, dass das die schlechteste aller Alternativen ist.

So musste ich nun also ein Thema finden. Und eines bietet sich da heute besonders an, denn die Völkerschlacht bei Leipzig jährt sich heute zum 200. Mal.

Doch möchte ich an dieser Stelle keineswegs eine Geschichts- oder Fuchsenstunde halten.
Vielmehr möchte ich darauf eingehen, was nach der Schlacht, respektive den Befreiungskriegen, geschah. So gründete sich 1815 in Jena die Urburschenschaft, mit dem Ziel einer geeinten Studentenschaft.

Ich möchte dazu kurz ein Zitat eines Redners des Wartburgfests verlesen:
„Eben deßhalb müsst ihr euch keine Namen geben, welche dieser Universalität widersprechen. Nicht weiße, schwarze, rothe, blaue usf. müsst ihr euch nennen; denn das sind auch andere; auch nicht Teutonen müsst ihr euch nennen; denn Teutonen sind auch die andern. Euer Name sey, was ihr allein und ausschließlich seyd, nehmlich S t u d e n t e n s c h a f t oder B u r s c h e n s c h a f t. Dazu gehört ihr alle, und niemand anders.“

Ist dieses Ziel heute erreicht? Mitnichten. Wie ich es sehe, sind die Burschenschaften gespaltener als jemals zuvor. Doch nicht nur die Burschenschaften untereinander, nein auch das Verhältnis anderer Verbindungen zueinander ist angespannt. Womit wir Verbindungsstudenten unsere Position massiv schwächen.

Zwischen dem Sommersemester 1815 und dem Wintersemester 1819/20 gehörten der Urburschenschaft 859 aktive Studenten an. Dies entsprach rund 60 % aller Jenaer Studenten. Selbstredend sind dies Zahlen, die so heute wohl nicht mehr erreicht werden können.

Aber warum sollten wir alle unsere Position weiter schwächen? Warum nicht bei Fragen die alle Münchener Verbindungsstudenten betreffen, gemeinsam als Münchener Korporierte auftreten?! Bei den Alten Herren funktioniert dies ja schon zum Teil! Warum müssen wir Studenten dann weiterhin auf den Unterschieden beharren und uns damit begnügen, uns gegenseitig zu schwächen!? Ich sehe darin keinen Nutzen. Sind mir doch Verbindungsstudenten in der Regel näher als irgendein Mitglied des Asta…

Ich möchte nun jedoch nochmal auf den Konflikt der Burschenschaften kommen und auch sagen, warum ich mir „Wenn altes fiel, stand neues auf“ als Lied für die Rede ausgesucht habe.
Das letzte große, alte Ziel der Burschenschaft – Die Deutsche Einheit – wurde mit dem Mauerfall erreicht. Seit dem gibt es kein übergeordnetes Ziel mehr und man hat Zeit sich untereinander nahezu grundlos streiten. Wie ich schon auf der Abkneipe des letzten Semesters erwähnt habe, benötigen wir eigentlich kein übergeordnetes Ziel. Wäre doch schon das Ziel die jungen Studenten politisch zu bilden, ein ambitioniertes.

Jedoch denke ich, wir als Burschenschafter haben nun in diesem Europa die Möglichkeit uns wieder stärker zu profilieren. Für mich ist Vaterland ein Bekenntnis. Ich nehme gerne jeden hier auf, der sich zu deutschen Werten, Traditionen und zum Deutschen Vaterland bekennt.

Leider muss ich an dieser Stelle meine Aussagen von der Abkneipe revidieren, denn die politische Bildung der jungen Studenten zu fördern wäre richtig und wichtig, jedoch reicht es nicht, die Burschenschaften wieder zu einen. Mit dem Fall der Mauer und damit dem Erreichen der deutschen Einheit ist es nun an der Zeit ein neues einendes Ziel zu finden. Was bietet sich da heutzutage besser an, als die europäische Einigung!? Dies ist meiner Meinung nach der nächste logische Schritt, nach der deutschen Wiedervereinigung. Hier spreche ich jedoch nicht von einem Modell der Vereinigten Staaten Europas. Vielmehr stelle ich mir ein einiges Europa als Gemeinschaft freier Völker vor, indem die Kulturen der verschiedenen Nationen erhalten bleiben. Vor allem darf dieser undemokratische Weg der aktuell in der EU gelebt wird so nicht weitergehen. Man möge mich an dieser Stelle bitte nicht falsch verstehen. Ich bin ein großer Freund Europas und sehe die europäische Einigung als wichtig und richtig an. Jedoch müssen die Entscheidungen demokratisch legitimiert werden und das Prinzip der Subsidiarität auch eingehalten werden. Dies wäre in meinen Augen eine schöne und sinnvolle Aufgabe für uns Burschenschafter! Denn nicht umsonst heißt es in diesem schönen Lied: „und geht es um Europas Glück, stehen deutsche Burschen nicht zurück“

Damit möchte ich mich nun auch dem Ende nähern und hoffe, dass ich Sie und euch nicht allzu sehr gelangweilt habe. Vielleicht wird es ja auch noch die ein oder andere Diskussion dazu geben. Wäre ja schon fast langweilig, wenn nicht.

Abschließend möchte ich auf unser 121. Gründungsfest vom 8. Bis 10. November aufmerksam machen, zu dem ich alle Anwesenden ganz herzlich einladen möchte. Ich würde mich freuen, den ein oder anderen zu diesem schönen Fest begrüßen zu dürfen.

Jetzt möchte ich euch nicht länger vom Trinken abhalten – In diesem Sinne trinke ich auf das Wohl Europas und der deutschen Burschenschaften, auf dass sie in Ewigkeit wachsen, blühen und gedeihen. Zum Wohl!

© Jan Scherer, Sprecher der Aktivitas