Damenrede zum 123. Stiftungsfest

Liebe Bundesbrüder, geschätzte Gäste, verehrte Damen,

wie vielen von Ihnen sicher bereits bekannt ist, ist es bei uns Brauch, dass der jüngste Fuchs sich an unserem Stiftungsfest mit einer kleinen Rede an die Damen wendet und ihnen seine Reverenz erweist. Dies ist eine besondere Ehre, die heute, zur 123. Jährung der Stiftung unserer lieben Münchener Burschenschaft Stauffia, mir zuteil wurde.

Einerseits handelt es sich hierbei durchaus um eine Herausforderung, ist der jüngste Fuchs doch Naturgemäß zugleich der Unerfahrenste unter den Bundesbrüdern. Andererseits lässt sich sagen, dass der Jüngste eben auch noch über die frischsten Erinnerungen an die Pennälerzeit verfügt, also an jene Jahre, in denen er das andere Geschlecht erstmals zu schätzen gelernt hatte. So reift doch im Gymnasium die Erkenntnis in den Köpfen der jungen Männer, dass es sich bei den „Weichgesichtigen“, wie die griechischen Mönche vom Berge Athos diese mysteriösen Leute nennen, nicht etwa um lästige und zickige Mädchen oder Ähnliches, sondern vielmehr um verehrungswürdige, überirdische Wesen handelt, die zu verstehen glauben „mann“ sich jedoch niemals anmaßen sollte.

Erlauben Sie, dass ich eine Beobachtung mit Ihnen teile, die meinen Blick auf die Damenwelt nicht unmaßgeblich geprägt hat. In meiner Zeit als Abiturient, in der ich mich – den Verlockungen des schönen Geschlechtes zum Trotz – hinreichend auf die Abschlussprüfungen vorzubereiten versuchte, war mir eine Eigentümlichkeit der politischen Kultur unserer Zeit aufgefallen. Ich rede hier von „Gender Mainstreaming“.

Jene Lehre erfreut sich in unseren Tagen großer politischer Unterstützung, wie beispielsweise von der Europäischen Union, die sich 1997 im Vertrag von Amsterdam zur Durchführung von Gender Mainstreaming verpflichtete. Dennoch herrscht unter Entscheidungsträgern wie auch unter einfachen Bürgern weiterhin Unklarheit über die Natur von Gender Mainstreaming vor.
Dieser englische Begriff wird für gewöhnlich um Deutschen unübersetzt verwendet, mögliche wortgetreue Übersetzungen sind „Verzwitterung“ oder „Geschlechtergleichmacherei“. Als ich zum ersten mal von diesem Konzept erfuhr, war ich, gelinde gesagt, mehr als nur ein wenig schockiert. Augenscheinlich bedeutete es, dass die wundersamen Damen, wie auch ihre ergebenen Diener vom Planeten Mars, mittelfristig in einer geschlechtlich beliebigen Einheitsmenschheit aufgehen sollten.

Meine erste Frage lautete: Wie, um alles in der Welt, soll das funktionieren? Wie sollen durch und durch unvollkommene Menschen, die wir Männer nun einmal sind, uns in unseren Denken, Trachten und Fühlen, in unserem Erscheinungsbild und noch in vielerlei anderer Hinsicht an die Frauenwelt angleichen, ohne dabei hoffnungslos zu scheitern? Und weshalb sollte es den Frauen zugemutet werden, ihre Erhabenheit aufzugeben und sich durch eine Vermännlichung ihres Inneren und Äußeren zu erniedrigen?

Meine zweite Frage lautete: Wer kann sich so etwas wünschen? Eine Antwort, wenn auch eine ernüchternde, gibt ein Blick in die akademische Sphäre. So befinden sich heute an 50 deutschen hochschulen insgesamt über 200 Professuren der sogenannten Gender Studies, deren Kerninhalt die unbewiesene – und unbeweisbare – These ist, alle Unterschiede zwischen den Geschlechtern seien bloß gesellschaftlich anerzogen und „Frau“ und „Mann“ lediglich soziale Konstrukte und Rollenstereotype, die es zu überwinden gelte. Um dies zu erreichen, müsse aktiv in die Sprache eingegriffen werden, wobei deren Verunstaltung billigend in Kauf genommen wird. Eine arglose Weiternutzung der natürlich gewachsenen deutschen Sprache – z.B. der Gebrauch des generischen Maskulinums wie in „Studenten“ statt „Studierende“ – gerät hierbei schnell unter Sexismusverdacht.

Bei näherer Betrachtung der Gender Studies wurde mir schnell deutlich, dass es sich bei deren Protagonisten meist um Vertreterinnen einer dezidiert lesbischen Spielart des Feminismus handelt. Als Feministinnen nehmen diese für sich in Anspruch, im Interesse der gesamten Frauenwelt zu handeln. Freilich könnten die Unterschiede zwischen den Damen – also den eleganten und kultivierten Frauen -, die heute hier anwesend sind, und den physisch oft geradezu bedrohlich erscheinenden Repräsentantinnen der Gender-Zunft gravierender nicht sein.

Und so drängt sich mir der Gedanke auf, dass die Protagonistinnen von Gender Mainstreaming womöglich ihren Kampf gegen die Zweigeschlechtlichkeit nicht aus innerer Überzeugung, sondern aus Neid auf jene Geschlechtsgenossinnen führen, auf welche die Bezeichnung „Dame“ – im Gegensatz zu ihnen selbst – zutrifft. Kurzum: auf Sie, meine Damen.

Man kann bei Gender Mainstreaming also mit einigen Recht von einem Rachefeldzug lesbischer Radikalfeministinnen gegen jene Art von Frau sprechen, der die Männer zu Füßen liegen, wobei das Klima zwischen den Geschlechtern vergiftet werden soll. Der alte Äsop und seine Fabel vom Fuchs und den süßen Trauben, die unerreichbar sind und kurzerhand für sauer erklärt werden, rufen sich ins Gedächtnis,

Nachdem sich meine große Verwirrung angesichts von Gender Mainstreaming wieder gelegt hatte, begann ich, das schöne Geschlecht noch ungleich mehr zu schätzen, als ich es ohnehin bereits getan hatte. Die hypothetische Schreckensperspektive einer „Geschlechtergleichmacherei“ hatte mir die naturgegebene Anmut der Frauen und die Unbegreiflichkeit der weiblichen Seele für den unzulänglichen männlichen Verstand klar wie nie vor Augen geführt. Wie gut ist es doch, so dachte ich, dass Frauen eben Frauen sind, und dass wie Männer diese als solche anbeten dürfen.

Verehrte Damen: Bitte bleiben Sie so, wie Sie sind!

In diesem Sinne möchte ich nun die anwesenden Männer bitten, sich zu erheben und mit mir auf diese erhabenen Wesen, die da Frauen heißen und ohne die die Welt ein düsterer Ort wäre, anzustoßen.
Meine Herren, ein Hoch auf die Damen!